Was war los in der Deutschen Nationalbibliothek?
Veranstaltungen und Ausstellungen präsentieren und vermitteln die umfangreiche Sammlung der Deutschen Nationalbibliothek. (Foto: DNB)
Durch Ausstellungen, ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm und Publikationen leistet die DNB einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag. Dabei hat die politisch-gesellschaftliche Aufklärungs- und kulturelle Vermittlungsarbeit einen hohen Stellenwert. Wechselnde und dauerhafte Ausstellungen präsentieren und vermitteln die umfangreiche Sammlung. Was war los in 2022?
Digitale Zeitzeugnisse
Damit die Geschichten der Zeitzeug*innen der Shoah auch künftige Generationen erreichen: Seit 2021 entstehen im Rahmen des Projekts „Aus der Vergangenheit lernen für die Gegenwart“ zwei interaktive 3-D-Interviews. Das Projekt wird unter anderem von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. In dem Projekt arbeitet das Deutsche Exilarchiv 1933–1945 eng mit einem Zeitzeugen und einer Zeitzeugin zusammen, um deren Erfahrungen antisemitischer Verfolgung sowie des Exils nach 1933 zu bewahren. Das erste Interview mit dem Zeitzeugen Kurt S. Maier wurde im Juli 2021 in Washington D.C. aufgezeichnet.
Fragen hilft: Training des interaktiven Zeitzeugnisses
Im Jahr 2022 fand zwischen April und September in der DNB in Frankfurt am Main und in Leipzig der sogenannte Beta-Test des interaktiven Zeitzeugnisses von Kurt S. Maier statt. In dieser Phase der Postproduktion konnten Gruppen erstmals Fragen an das interaktive Zeitzeugnis richten. Damit wurde das System trainiert, das zukünftig dafür sorgen wird, dass ein Dialog mit dem interaktiven Zeitzeugnis möglich ist. Zahlreiche Interessierte haben an den Beta-Tests teilgenommen und durch ihre Fragen daran mitgewirkt, das System zu verbessern.
Ein zweites Interview mit der Zeitzeugin Inge Auerbacher wurde im Oktober 2022 in New York geführt. Dieses Interview steht aktuell am Anfang der Postproduktion. Der Beta-Test ist für September 2023 vorgesehen.
Die interaktiven Zeitzeug*innen-Interviews sind Teil des Dimensions in TestimonySM Programmes der USC Shoah Foundation – The Institute for Visual History and Education, mit der das Deutsche Exilarchiv 1933–1945 für das Projekt kooperiert. Hier erfahren Sie mehr über das Programm der USC Shoah Foundation.
„Heimat und Herkunft“
Mit dem Themenkomplex „Heimat und Herkunft“ hat das Deutsche Buch- und Schriftmuseum im Jahr 2022 einen gesellschaftspolitisch überaus aktuellen Schwerpunkt gesetzt und mit zahlreichen Aktivitäten an die breite Öffentlichkeit kommuniziert. Allen voran steht die Publikation „Tiefenbohrung. Eine andere Provenienzgeschichte“, welche die Herkunftsgeschichte musealen Kulturguts erzählt. Das Buch nimmt die Wege, Irrwege und Sackgassen unter die Lupe, welche die seit 1884 zusammengetragenen Bestände des Deutschen Buch- und Schriftmuseums zurückgelegt haben, bevor sie in deren Depots eine Lagerstätte fanden. Dabei geraten Zerstörungen und Raubzüge ebenso in den Blick wie Schenkungen und andere Glücksfälle. Facettenreich ergänzt wurde die Publikation durch zwei virtuelle Ausstellungen, einen Thementag sowie eine Filmserie.
Stipendien für ukrainische Autorinnen
In Kooperation mit dem Deutschen Literatur-Institut konnten zwei Stipendien für ukrainische Autorinnen eingeworben werden. Diese haben das Thema Heimat im Sinne des exilbedingten Verlustes der kulturellen Identität aufgegriffen. Auf das Schwerpunktthema des Museums zahlten auch die beiden Wechselausstellungen ein. „Verbriefte Freundschaft“ zeigte den bekannten Illustrator Axel Scheffler mit seinem weltweiten Künstlernetzwerk. Die sehr erfolgreiche Schau wurde begleitet durch eine bilderreiche Publikation und konnte durch die Versteigerung einer Originalzeichnung eine große Spende für die Ukraine-Hilfe erzielen.
Mit über 80 künstlerischen Positionen aus drei Kontinenten widmete sich die Ausstellung „Dichtung in 3D. Gedichtobjekte und Textskulpturen seit 1960“ samt Herausgabe einer Editionsreihe ebenfalls einem internationalen Thema.
Mit DBSM:meet konnte eine neue Gesprächsreihe im Vermittlungsprogramm des Museums verankert werden, die sich schwerpunktmäßig den Themen Diversität und Demokratie widmet.
Marcel Reich-Ranicki. Ein Leben, viele Rollen
Die Wechselausstellung des Deutschen Exilarchivs 1933–1945 widmete sich den vielen Rollen, die Marcel Reich-Ranicki in seinem Leben einnahm oder einnehmen musste. Sie wurde kuratiert von Uwe Wittstock und Sylvia Asmus, die zugleich Herausgeber*innen der gleichnamigen Publikation sind. Gefördert wurde die Ausstellung durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain und die Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main. Kooperationspartner war das ZDF. Zur Ausstellung bot das Exilarchiv ein vielfältiges Vermittlungsprogramm mit Veranstaltungen, Workshops und Sonderführungen an, an dem sich viele Weggefährt*innen Reich-Ranickis beteiligten. Dazu zählten unter anderem Elke Heidenreich, Salomon Korn, Petra Roth, Werner von Bergen und Thomas Anz.
Veranstaltungsprogramm – eine Auswahl
Tage des Exils
Das Thema Exil in den Fokus der Stadtgesellschaft rücken – das war die Idee der Tage des Exils, die auf Initiative des Deutschen Exilarchivs vom 1. bis 17. September 2022 erstmals in Frankfurt stattfanden. An der Ausgestaltung des publikumsorientierten Veranstaltungs- und Begegnungsprogramms beteiligten sich insgesamt 29 Veranstalter*innen sowie zahlreiche Kooperationspartner*innen. Zusammengekommen waren 40 Veranstaltungen zu aktuellen und historischen Exilerfahrungen, die den Besucher*innen vielfältige Perspektiven auf das Thema eröffneten: Vom multikulturellen Musikfestival über Angebote für und mit Schüler*innen bis hin zum Kochen und gemeinsamen Essen reichten die Formate. Auch die DNB war Ort vieler Veranstaltungen. Für die Tage des Exils kooperierte das Exilarchiv mit der Körber-Stiftung.
Buchmessen
In Leipzig musste die Buchmesse pandemiebedingt erneut abgesagt werden. Die geplanten Lesungen in der DNB in Leipzig konnten jedoch stattfinden: Nino Haratischwili und Dmitrij Kapitelmann waren zu Gast.
In Frankfurt wurde das städtische Lesefest OPEN BOOKS zusammen mit dem Blauen Sofa in der DNB eröffnet – mit dem tags zuvor frisch gekürten Buchpreisträger Kim de l'Horizon, mit Manja Präkels, Durs Grünbein und Jürgen Kaube. Im Rahmen des BOOKFEST waren Autor*innen wie Volker Weidermann, Mithu Sanyal und Florian Illies, Ian Kershaw, Richard David Precht und Harald Welzer zu Gast. OPEN BOOKS KIDS lockte mit unterhaltsamen und interaktiven Lesungen von zehn Autor*innen fast 1.200 kleine Besucher*innen in die Nationalbibliothek.
Vorlesetag
Zum Bundesweiten Vorlesetag am 18. November 2022 ließen wir an den beiden Standorten der DNB die Bücher lebendig werden. Auch das Deutsche Buch- und Schriftmuseum und das Deutsche Exilarchiv beteiligten sich mit Vorlese-Angeboten.
„Frankfurt liest Irmgard Keun“
Mit Flexibilität und Beharrlichkeit hat das Lesefestival „Frankfurt liest ein Buch“ die Pandemiezeit ohne Unterbrechung überstanden. So konnte die 13. Ausgabe des Literaturfestivals wie immer in der DNB eröffnet werden. Im Zentrum stand der Roman „Nach Mitternacht“ von Irmgard Keun, ein Meilenstein der Exilliteratur. In einer zweiten Veranstaltung des Deutschen Exilarchivs las die Schauspielerin Melanie Straub aus dem Roman, über seine Entstehungs- und Wirkungsgeschichte sprachen Ariane Martin und Sylvia Asmus mit Martin Maria Schwarz von hr2-kultur.
Error: Language not found. Veranstaltung zum Internationalen Tag der Muttersprache
Grafik: Marina Zumstein, Kulturverein Belarus, e.V.
Es gibt etwa 7.000 unterschiedliche Sprachen auf der Welt und unzählige Dialekte. Die UNESCO hat im Jahr 2000 den 21. Februar zum „Internationalen Tag der Muttersprache“ ausgerufen, um diese kulturelle Vielfalt und die Mehrsprachigkeit zu fördern. Dieses Jahr war die DNB mit dabei und widmete einen Abend seltenen und zum Teil vom Verschwinden bedrohten Sprachen. In der Veranstaltung „Error: Language (not) found“ konnten sich die Gäste mit Tornedalfinnisch, Kildinsamisch, Belarussisch und Bairisch bekannt machen. Sie erfuhren mehr zur Geschichte dieser Sprachen, zu ihren Lebensräumen sowie den Menschen, die sie sprechen.
„Ein Tag für die Musik“
Eine Veranstaltung am hessenweiten Aktionstag „Ein Tag für die Musik“. Musikland Hessen ist ein Netzwerkprojekt unter Federführung von hr2-kultur, gefördert vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, in Kooperation mit dem Landesmusikrat Hessen. Im Lesesaal der DNB in Frankfurt am Main stellte das DMA in zwei reich bebilderten Vorträgen seine Funktion, Arbeitsweise und Bestände vor. Anhand einer umfangreichen Präsentation konnte das Publikum einen Blick in die Spezialräume des Leipziger Standorts werfen und einen Eindruck von Musiklesesaal, Ausstellung, Hörkabine und Tonstudio bekommen. Wichtiger war aber der Hinweis, dass das DMA an beide Standorte gehört. So lässt sich etwa der größte Teil des Musikbestands auch am Frankfurter Standort der Bibliothek nutzen – immerhin 500.000 Stunden digitalisierte Musik sowie knapp eine Million Notenausgaben.
„KulturSpur. Ein Fall für den Denkmalschutz“: Spannende Einblicke in die Deutsche Nationalbibliothek
Als Denkmal ist das historische Gebäude der DNB in Leipzig Zeuge vergangener Zeiten und ihrer Erbauer. Die Erweiterungen der Bibliothek schafften Platz für mehr Medien und Arbeitsplätze. Gleichzeitig wurde der Stil jeder Epoche bis heute bewahrt. Doch nicht nur die Architektur änderte sich im Laufe der Zeit, sondern auch die Recherchemöglichkeiten. Wurden früher Zettelkataloge zum Auffinden von Büchern genutzt, funktioniert die Suche heute digital. Am Tag des offenen Denkmals 2022 hieß es deshalb: KulturSpur. Ein Fall für die Gästeführer*innen der DNB in Leipzig.
Letzte Änderung:
19.09.2023